Was ist zu tun, wenn die Aktiengesellschaft ihre Aktionäre nicht mehr findet?

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Diese Situation kann zum Beispiel eintreten, wenn der Verwaltungsrat eine gewisse Zeit verstreichen ließ, bevor er das Aktienregister aktualisierte, wenn einige Aktionäre verstorben sind und ihre Erben sich nicht gemeldet haben, bei nicht gemeldeten Adressänderungen oder sogar bei einer Fusion oder Umstrukturierung des Aktienkapitals.


Diese Situation muss vom Verwaltungsrat sorgfältig gehandhabt werden, dem die Pflicht obliegt, das Aktionärsregister zu führen und somit die relevanten Informationen über die Aktionäre der Gesellschaft zu kennen (Name, Adresse, Anzahl und Art der Aktien, Daten und Gründe der Übertragung, wirtschaftlich Berechtigte). Der Vorstand wird sich in der Tat sehr blamieren, wenn er feststellt, dass er diese Informationen nicht mehr beherrscht, z. B. im Vorfeld der Einberufung einer Hauptversammlung oder auch bei der Due Diligence im Falle einer Übernahme. Diese Lücken können dazu führen, dass die Hauptversammlung ungültig ist oder sogar für nichtig erklärt wird oder dass die Transaktion scheitert und somit auch der Verwaltungsrat haftbar gemacht werden kann.


Es sei daran erinnert, dass das Schweizer Recht vor kurzem die Inhaberaktien abgeschafft hat. Diese wurden am 30. April 2021 in Namensaktien umgewandelt. In einem solchen Fall müssen sich die Inhaber spätestens bis zum 31. Oktober 2021 gegenüber dem Verwaltungsrat identifizieren. Solange sie dies nicht innerhalb dieses Zeitraums getan haben, sind ihre Aktionärsrechte ausgesetzt. Nach diesem Datum werden die alten Inhaberaktien, deren Inhaber sich nicht gemeldet haben, für ungültig erklärt und durch eigene Aktien des Unternehmens ersetzt. Das Gesetz überträgt den Inhabern dieser alten Inhaberaktien somit die Pflicht, sich beim Verwaltungsrat anzumelden, da ansonsten die mit diesen Aktien verbundenen Rechte ausgesetzt oder sogar annulliert werden. Der Verwaltungsrat kann sich also darauf beschränken, einfach abzuwarten.


Dies ist bei Namensaktien nicht der Fall. Wenn die Inhaber von Namensaktien nicht auffindbar sind oder die oben genannten wesentlichen Informationen über sie fehlen, ist es die Aufgabe des Verwaltungsrats, proaktiv alle Nachforschungen anzustellen, um sie zu finden oder zu rekonstruieren. Der Verwaltungsrat hat in diesem Fall eine wichtige Rolle zu spielen. Er darf nicht einfach nur passiv bleiben. Wenn seine Nachforschungen erfolglos bleiben, muss er das Verfahren zur Annullierung von Namenspapieren, deren Inhaber unbekannt oder zweifelhaft ist, einleiten. Es handelt sich um ein langwieriges und mühsames Gerichtsverfahren, das zur Annullierung der betreffenden Namenspapiere und entweder zu ihrem Ersatz durch neue Aktien, über die die Gesellschaft verfügen kann, oder zur Herabsetzung des Aktienkapitals im Verhältnis zu den so annullierten Titeln führt. Eine ordentliche Hauptversammlung ist erforderlich, um über die Zuteilung dieser Aktien an die Gesellschaft innerhalb der gesetzlichen Grenzen zu entscheiden. Für die Anpassung der Statuten im Falle einer Herabsetzung des Aktienkapitals muss eine Generalversammlung in öffentlicher Form abgehalten werden. Wenn der Verwaltungsrat untätig bleibt, kann ein Aktionär oder sogar ein Gläubiger beim zuständigen Gericht beantragen, dass es selbst die notwendigen Maßnahmen ergreift, um diese Situation zu bereinigen.


Es sei noch einmal kurz daran erinnert, dass die Inhaber von Namensaktien ihre Eigenschaft als Aktionäre durch ihre Eintragung in das Aktionärsregister nachweisen können, wenn die Gesellschaft keine Wertpapiere ausgegeben hat. Der neue Aktionär muss dann dem Vorstand eine Übertragungsurkunde in schriftlicher Form vorlegen. Wenn die Gesellschaft Aktienzertifikate ausgegeben hat, ist die Vorlage des Wertpapiers, auf dem der neue Aktionär auf der Rückseite des Wertpapiers vermerkt ist (Indossament), an den Verwaltungsrat ausschlaggebend. Im Falle eines Widerspruchs zwischen dem indossierten Wertpapier oder der vorgelegten Übertragungsurkunde und dem Register gilt der Vermerk auf dem Wertpapier oder der vorgelegten schriftlichen Urkunde, während das Aktienregister nur die widerlegbare Vermutung der Aktionärseigenschaft begründet.


Wie dem auch sei, wir empfehlen jedem Vorstand dringend, insbesondere in der Zeit der Umwandlung von Inhaberaktien in Namensaktien, nicht untätig zu bleiben und die wichtigsten Informationen über die Aktionäre des Unternehmens sorgfältig zu erfassen. Wenn diese Informationen lückenhaft sind, muss der Verwaltungsrat so schnell wie möglich die notwendigen Nachforschungen anstellen, um sie zu finden, und gegebenenfalls die erforderlichen Löschungsverfahren einleiten. Nur so kann sich der Verwaltungsrat von seiner Verantwortung in diesem Bereich entlasten.

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Christophe Wilhelm

Rechtsanwalt